Ein Schildpatt hing in seinem dürft’gen Laden, ein ausgestopftes Krokodil und Häute von mißgestalten Fischen: auf dem Sims ein bettelhafter Prunk von leeren Büchsen und grüne Töpfe, Blasen, müff’ger Samen, Bindfadenendchen, alte Rosenkuchen, das alles dünn verteilt, zur Schau zu dienen.

aus Romeo und Julia von William Shakespeare

Apotheken des 16. und 17. Jahrhunderts beeindruckten vielerorts durch ihre überbordende Pracht der Einrichtung – sie erinnerten durch ihre Ausstattung regelrecht an fürstliche Wunderkammern von der Art, wie es sie an zahlreichen europäischen Höfen schon in der Spätrenaissance gegeben hat.

Solche kuriosen Sammlungen können als Vorläufer unserer heutigen Museen angesehen werden; sie trennen noch nicht zwischen Wundern der Natur und Errungenschaften des Menschen. Deshalb verbinden sie so Unterschiedliches wie Pflanzen- und Tierpräparate, kunstvolle Schnitzereien aus exotischen Materialien wie Schildpatt oder Kokosnüssen, vermeintliche Überbleibsel fantastischer Wesen aus fernen Ländern, aber auch astronomische Messgeräte, chirurgische Instrumente, Landkarten und Globen – kurz: alles was die Besucher zum Staunen brachte.

In der damaligen Apotheken-Offizin hing von der Decke oft ein ausgestopftes Reptil (zumeist ein Krokodil oder eine Schlange). Dieses symbolisierte Fremdartigkeit und Exotik, und alles, was diesen Kriterien entsprach, wurde als gesund und heilungsfördernd angesehen. Andere Klassiker der Wunderkammer-Animalia waren Gürteltiere, Narwal-Stosszähne (die als Hörner des legendären Einhorns galten), Korallen, Igelfische, Nautilusse und alle Arten von Klauen, Hörner und Zähnen.

Nicht zuletzt wollte sich der Apotheker auch als weitgereister Gelehrter präsentieren. Mit exotischen Wundersubstanzen konnte er sich abheben von der günstigeren Konkurrenz der Krämer und Kräuterweiber, die weitgehend auf einheimische Produkte angewiesen waren. So ist auch die Benennung vieler Apotheken nach wilden Tieren wie Löwen oder Elefanten zu erklären; auch die häufig anzutreffende „Mohren-Apotheke“ fällt in diesen Bereich. In jüngster Zeit hat dies Widerstände und Vorwürfe von Rassismus ausgelöst. Wie immer man dazu steht, gemeint war vermutlich nicht ein generischer dunkelhäutiger Mensch, sondern ganz konkret der Maure (Bewohner des Orients und Nordafrikas). Denn viele Heilkräuter und Gewürze sowie zahlreiche Rezepturen stammen ursprünglich aus der islamischen Welt, deren legendäre Arzt-Apotheker wie Mesue und Avicenna auch in Europa großes Ansehen genossen.

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