Mobile Apotheken

Die Reiseapotheke sei klein und handlich, und soll doch viele Dinge enthalten…

Escher Tageblatt vom 21.8.1929

Es ist seit dem 16. Jahrhundert dokumentiert, dass Reisende eine mobile Apotheke mit sich führten, um unterwegs für den Notfall mit Medizin ausgerüstet zu sein. Die ältesten Exponate sind kunstvoll verzierte Holzkabinette mit Fächern für kleine Fläschchen mit Arzneien und Schubladen für Trockenpräparate, sowie die notwendigen Utensilien wie Messer, Löffel, Spatel, Schere, Waage und anderes mehr. Die künstlerische Qualität mancher dieser frühen Stücke lässt auf hochstehende und reiche Persönlichkeiten als Besitzer schließen, die möglicherweise auch von Ärzten oder Apothekern auf ihrer Reise begleitet wurden. Ein eindrucksvolles frühes Beispiel ist die außergewöhnliche See-Reiseapotheke (um 1570) aus dem Nachlass des Genueser Bankiers Marchese Vincenzo Giustiniani mit bemaltem Innendeckel und 126 Original-Flaschen und Tiegeln (im Wellcome Museum of the History of Medicine, einem Teil des Science Museum London).

Ab dem 18. Jahrhundert wurden schlichtere, trag- und aufklappbare Holzmodelle auch für breitere Bevölkerungsschichten zugänglich. Insbesondere für Schiffspassagen kamen sie als erstes in England zum Einsatz, etwa Mitte des 19. Jahrhunderts wurden sie dann auch für deutsche Kapitäne zur Regel und 1888 durch eine Verordnung zur Pflicht. Die praktische Verwendbarkeit wurde nunmehr zu einem wichtigeren Kriterium als die künstlerische Ausgestaltung. Apotheker statteten sie eigenhändig und individuell für ihre Kunden aus.

Mit Aufkommen der Homöopathie im 19. Jahrhundert hielt die tragbare Apotheke auch Einzug in die bürgerlichen Haushalte. Gerade die homöopathischen Mittel konnten gefahrlos regelmäßig eingenommen und bei Bedarf in der Apotheke wieder aufgefüllt werden. Im letzten Drittel des Jahrhunderts entwickelte sich sogar eine regelrechte Versandindustrie für homöopathische Hausapotheken (Beispiel: Dr. Willmar Schwabe, Leipzig), die weltweit an interessierte Apotheker geliefert wurden.

Im 20. Jahrhundert, als das Reisen noch gängiger wurde und Fertigarzneien die selbst hergestellten Rezepturen ersetzten, wurden kleinere, handliche Taschenapotheken aus Leder, Stoff und anderen Materialien üblich. Die Medikamente benötigten nun viel weniger Platz und konnten bequemer mitgeführt werden.


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Unpotenzierte Hausapotheke
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